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Meine Reise in den Iran

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Benjamin Tiete im Iran

Benjamin Tietze (35) wohnt in einer eigenen Wohnung. Im Juli 2017 war er mit Abbas Djalilehvand, dem Leiter der Ambulanten Dienste Kreuzberg, und Jürgen Schwarz, dem Leiter der Interkulturellen Beratungsstelle der Lebenshilfe Berlin, zu einem Seminar im Iran.

Benjamin Tietze wird vom Betreuten Einzelwohnen (BEW) Kreuzberg betreut. Vorher lebte er in einer Wohnstätte und einer Wohngemeinschaft der Lebenshilfe Berlin. Im Interview mit Sven-Ole Knuth erzählt er von seiner Reise.

Wie hat das Thema Iran bei Ihnen angefangen?
Ich wurde gefragt, ob ein Video für das Iran Projekt bei mir gedreht werden kann, das fand ich gut. Das Video ging um mein Wohnen und meine Betreuung im BEW.

Wie ging's dann weiter?
Ich habe gehört, dass Besuch aus dem Iran zur Lebenshilfe Berlin kommt. Abbas und Jürgen haben gefragt, ob die mich besuchen dürfen. Das hat mich gefreut. Bis jetzt hatte ich schon drei Mal Besuch von den Leuten aus dem Iran, und die vierte Gruppe kommt bald.

Was passierte, als die Gruppen bei Ihnen zu Hause zu Besuch waren?
Ich hatte Kaffee und Kuchen vorbereitet und wir haben uns unterhalten. Die Leute haben Fragen gestellt, z.B. wo ich arbeite, was ich in meiner Freizeit mache, wer mein Essen macht, ob ich eine Freundin habe, wie oft ich betreut werde und wofür, ob ich allein zum Arzt gehe, ob ich Familie habe und sowas….
Dabei kam bei mir schon der Wunsch, mit Abbas und Jürgen in den Iran mitzufahren, das habe ich auch gesagt. Da haben mich die Leute gleich eingeladen, und alle haben gesagt, ich soll mitkommen. Jürgen und Abbas fanden die Idee auch gut.

Wie ging's dann für Sie weiter?
Ich bin mit meiner Betreuerin zum Bürgeramt gegangen und habe einen Reisepass beantragt. Abbas hat sich um das Visum gekümmert. Am 7. Juli haben wir uns am Flughafen getroffen und sind nachts über München nach Teheran geflogen. Es war ein schön langer Flug. Bei der Ankunft wurden wir mit Freude empfangen und sind für ein paar Stunden ins Hotel gefahren. Am Nachmittag hatten wir das erste Meeting mit Kollegen aus dem Iran und dann sind wir mit einem kleinen Bus nach Hamadan gefahren.

Wie war die Fahrt nach Hamadan?
Wir waren alle ein bisschen müde gewesen. Die Fahrt hat 5 Stunden gedauert, der Empfang war klasse.

Was war denn klasse?
Wir hatten einen roten Teppich, die Presse war da, das Fernsehen war da, und die Leute waren sehr freundlich. Das Hotel war auch klasse, ich hatte mein eigenes Zimmer. Unten im Hotel stand ein großes Begrüßungsschild, auf dem stand: Lebenshilfe für geistig Behinderte. Das hat mich sehr gestört und ich wollte, dass der Text geändert wird. Das wurde auch sofort erledigt.

Was hat Sie denn gestört?
Geistig Behinderte, ich möchte das nicht. Das sagen viele Klienten und das ist richtig, das möchte ich nicht.
Am Abend sind wir dann noch zu einem Wasserfall gefahren.

Was ging dann am nächsten Tag los?
Wir mussten um 6.00 Uhr aufstehen, das war eine kurze Nacht. Um 8.00 Uhr ging die erste Schulung los. Ich war überrascht, dass da so viele Leute da waren, die sich für die Lebenshilfe interessieren und für uns.
Ich saß vorne in der ersten Reihe. Mir wurden wieder viele Fragen gestellt, persönliche Fragen sogar. Ich hatte damit keine Probleme. Zum Beispiel die Frage, ob ich eine Freundin habe, ob ich irgendwann heirate, ob ich freiwillig hier bin, das fand ich komisch. Wie ich wohne und wo, wie oft ich betreut werde und wofür ich Unterstützung brauche und ob ich arbeiten gehe. Ich fand das gut.

Wie lange dauerte die Schulung?
Zwei Tage.

Das ist ganz schön lange, oder?
Ja, schon. Am 2.Tag wollte ich eine Einrichtung besuchen, damit ich weiß, wie die Leute da leben. Ich bin dann vormittags mit einigen Leuten zu einer Einrichtung gefahren. Die Kollegen Abbas und Jürgen mussten allerdings weitermachen.

Welchen Eindruck hatten Sie von dieser Einrichtung?
Das war eine Art Sonderschule oder eher eine Tagesstätte. Die Leute wohnten alle nicht da, sondern bei ihren Familien oder so. In jedem Raum wurde was anderes gemacht, gemalt, gestrickt, gebastelt und sowas. Und es gab Zeugnisse.

Was meinen Sie mit Zeugnissen?
Jede Person da hat ein Papier bekommen, sah wie ein Zeugnis aus, und die Heimleiterin hat mir gesagt, das sind Zeugnisse. So wurde das übersetzt.

Wie ging's dann weiter?
Am Nachmittag nach der Schulung sind wir weiter gefahren nach Gilan ans Meer. Wir sind nachts angekommen, auf der Fahrt haben wir iranische Musik gehört. Wir wurden wieder sehr freundlich empfangen.
Am nächsten Morgen sind wir wieder um 6.00 Uhr aufgestanden, um 8.00 ging die nächste Schulung los. Wie beim ersten Mal gab's wieder viele Fragen an mich, die gleichen eigentlich. Sogar in den Pausen. Ein Mann, der auch dabei war, fragte, ob er am nächsten Tag seinen Sohn mitbringen kann, der hat Down Syndrom. Ja natürlich, habe ich gesagt. Die Begegnung am nächsten Tag war nett. Wir konnten zwar nicht miteinander sprechen, wir haben uns aber trotzdem verstanden.

Wie war die Reise insgesamt für Sie?
Sehr interessant. Ich war froh, mal was ganz Neues kennen zu lernen. Es waren meine ersten Seminare. Wir waren und sind gute Kollegen, ich möchte das Projekt gern weitermachen.

Was meinen Sie, bringt dieses Projekt?
Was Neues aufbauen für die behinderten Leute. Damit sie besser leben können. Und damit sie selbstständiger leben können.

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