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Beratung auf Augenhöhe - Peer Berater ausgebildet

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Impressionen von der Übergabe der Ausbildungszertifikate am 14. Januar 2017 (Fotos: C. Müller-Zurek)

Die UN-Behindertenrechtskonvention und das Bundesteilhabegesetz fordern den Ausbau von Peer-Beratung. In einem dreijährigen Modellprojekt hat die Lebenshilfe Berlin fünf Peer Berater zum Thema Sucht und sechs zum Thema Wohnen ausgebildet und etabliert Peer-Beratung als ergänzendes Angebot der Beratungsdienste.

Ab April 2017 nehmen die Peer Beraterinnen und Berater ihre Arbeit auf und beraten neben ihrer Tätigkeit in Werkstätten für behinderte Menschen trägerübergreifend Ratsuchende mit Beeinträchtigung. Für ihre stundenweise Tätigkeit erhalten sie einen Lohn über die Ehrenamtspauschale.

Der künftige Suchtberater Michel Will wurde durch seine Assistentin auf das Projekt aufmerksam. „Ich weiß selbst, wie es ist, in der Krise zu stecken“, erzählt der 23-Jährige. In seiner Jugend sei er abhängig gewesen und freue sich, bald Menschen in einer Situation zu helfen, die er selber kenne.

Seine Kollegin Michaela Noack kennt das Thema Sucht aus der Perspektive der Angehörigen. „Ich weiß, was es bedeutet, betroffen zu sein“, berichtet die 45-Jährige. Sie hat erlebt, wie ihr Vater an Alkoholsucht starb.

Der gebürtige Engländer Stephen Musgrave wird als Wohnberater arbeiten. Er lebt heute im Betreuten Einzelwohnen der Lebenshilfe. „Ich möchte mich mit anderen austauschen und ihnen helfen, so gut ich kann, weil ich selbst schon so viel umgezogen bin“, beschreibt der 48-Jährige seine Motivation.

Die drei und die übrigen künftigen Berater kommen von ganz unterschiedlichen Berliner Trägern. Nach zehn Monaten Schulung erhielten sie am 14. Januar im Rahmen einer Feierstunde ihre Ausbildungszertifikate sowie Visitenkarten und Flyer in Leichter Sprache, um das neue Angebot zu bewerben.

Bisher wird Peer Beratung überwiegend von und für Menschen mit Körperbehinderung angeboten. Das Modellprojekt mache das Konzept der Peer Beratung erstmals für Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung zugänglich, erläutert Projektleiterin Nicole Genandt.

Ratsuchende erhalten Unterstützung von Personen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben wie sie. Die Peer Berater berichten von ihren eigenen Erfahrungen und können so Hemmschwellen ab- und Vertrauen in den weiteren Beratungsprozess aufbauen.

Das Konzept geht von dem Prinzip aus, dass Ratsuchende ihre Probleme grundsätzlich selbst lösen können. Auf dem Weg dahin werden sie von einem Peer Berater oder einer Peer Beraterin begleitet. Die Peer Berater hören zu, geben den Ratsuchenden Zeit, unterstützen und akzeptieren sie.

Das von Aktion Mensch und der Software AG Stiftung geförderte Projekt läuft noch bis Ende September 2018. Es soll die Beratungsdienste der Lebenshilfe weiterentwickeln und auch andere Träger sensibilisieren, Peer Beratung als ergänzendes Beratungsangebot in eigenen Strukturen zu implementieren.

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