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Inklusion in der Sackgasse?

22.01.2020

Die Lebenshilfe freut sich über die Bemühungen der Senatsbildungsverwaltung, mehr für Schülerinnen und Schüler mit dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkt geistige Entwicklung zu tun. Den alleinigen Ausbau der Förderzentren hält sie jedoch für den falschen Weg und das falsche Signal.

Kinder einer Integrationsklasse (Foto: Lebenshilfe / David Maurer)
Kinder einer Integrationsklasse (Foto: Lebenshilfe / David Maurer)

Viele in der Lebenshilfe Berlin engagierte Eltern sind besorgt über Medienberichte, dass in den Förderzentren mehr als 800 neue Plätze geschaffen werden sollen. Im Schuljahr 2018/2019 gab es in Berlin insgesamt 3.825 Schülerinnen und Schüler mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung, davon wurden 1.399, also 37 %, integrativ beschult.

Die Aufstockung der Plätze an Förderzentren um mehr als 30 % stärkt ein von vielen Eltern nicht gewünschtes Parallelsystem. „Die Ressourcen gehen an die falsche Stelle!“, warnt die Lebenshilfe Berlin. Sie fordert, mindestens genauso viel Geld in die Schaffung von Schulplätzen für Schülerinnen und Schüler mit Förderschwerpunkt geistige Entwicklung in inklusiven Schulen zu investieren.

Die Begründung, der Ausbau orientiere sich am Elternwillen, sieht Jana Jeschke, Schulrechtsexpertin und Mitglied im Vorstand des Lebenshilfe Berlin e.V., kritisch und befürchtet eine Abkehr von der Inklusion: „Ein wirkliches Wahlrecht entsprechend der UN-Behindertenrechtskonvention setzt gleichwertige Entscheidungsmöglichkeiten voraus. Von vielen Eltern haben wir jedoch erfahren, dass das Förderzentrum für sie nur das kleinere Übel ist, weil sie kein qualitativ annehmbares Angebot an den Regelschulen in ihrem Einzugsgebiet oder erreichbarer Nähe vorfinden. Im Bereich der inklusiven Schulen besteht gerade für Schülerinnen und Schüler mit dem Förderbedarf geistige Entwicklung noch viel Nachholbedarf!“

Eindringlich warnt die Lebenshilfe Berlin davor, diese Berichte als Einzelfälle abzutun. Zahlreiche Eltern konkurrieren um wenige wirklich inklusive Schulplätze. Es fehlen qualifizierte Sonderpädagogen. Eltern sind gezwungen, berlinweit nach Schulen zu suchen, die bereit sind, ihre Kinder inklusiv zu beschulen. Obwohl ein Rechtsanspruch auf inklusiven Unterricht besteht, wird vielen Eltern von den Einzugsgebietsschulen vermittelt, dass die Schulen mit der Inklusion völlig überfordert seien und nicht die erforderliche Förderung bieten können. Vielfach scheitert die Beschulung auch wegen fehlenden Ressourcen. Dadurch fühlen sich die Eltern in die Förderzentren gedrängt.

Die Lebenshilfe Berlin fordert, die UN-Behindertenrechtskonvention in Berlin umzusetzen und den Ausbau inklusiver Schulen konsequent zu fördern.